„Keine Angst vor Herausforderungen!“ – Mobin über seine Ausbildung zum Elektroniker

Alina (A): Hallo Mobin! Schön, dass Du heute da bist, um uns von Deinem Weg zu erzählen. Stell Dich bitte vor.

Mobin (M): Ich bin Mohammed Mobin Bayat, 20 Jahre alt. Zurzeit mache ich eine Ausbildung zum Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik bei Gosch und Schlüter in Kiel.

A: Beschreib bitte Deinen Ausbildungsberuf und Ausbildungsort.

M: Gosch und Schlüter haben einen guten Ruf in Schleswig-Holstein. Ich bin zufrieden, dass ich bei ihnen gelandet bin. Die Firma hat zwei Fachrichtungen: Elektrotechnik und Antriebstechnik. Ich bin bei der Antriebstechnik. Da machen wir vieles mit kleinen Antrieben. Wir montieren, demontieren und konzipieren. Ich als Azubi darf viele Fragen stellen. Meine Ausbilder_innen sind bereit, mir alle Fragen nett zu beantworten.

A: Kannst Du über Deinen Tag erzählen?

M: Na klar! Ich stehe um 5:30 Uhr auf und fahre mit dem Bus zur Firma. Dort ziehe ich meine Arbeitskleidung an und schaue auf den Plan, mit welchem Gesellen ich Schicht habe. Dann gehe ich zu ihm, spreche mit ihm über die Details unseres Auftrags, dann laden wir zusammen alles ins Auto was wir brauchen und fahren zum Ort. Die Arbeit fängt gewöhnlich um 7 Uhr an. Nachdem wir den Auftrag erledigt haben, fahren wir zur Firma. Manchmal, wenn die Arbeit länger als geplant gedauert hat, fahren wir nach dem Auftrag direkt nach Hause. Mein Tag endet dann gewöhnlich um 16 Uhr.

A: Habt ihr eine_n Schichtleiter_in oder Meister_in, der oder die euch unterstützt?

M: Wir haben viele Meister_innen. Manche Meister_innen sind oft unterwegs. Der Werkstattmeister bleibt immer in der Werkstatt. Wenn Privatkund_innen kommen, dann hilft er ihnen. Gelegentlich fahre ich dann auch mit Meister_innen in die Stadt, um die Aufträge zu erledigen.

A: Wie viele Tage in der Woche bist Du im Betrieb?

M: Fünf Tage.

A: Und in der Berufsschule?

M: Es soll so ablaufen: drei Wochen bin ich im Betrieb und dann eine Woche in der Schule. Seit dem Anfang meiner Ausbildung am 01. August 2018 hatte ich bisher nur zwei Wochen Schule. Die Ausbildung ist also nach dem Blockunterrichtsprinzip gestaltet. Meine Berufsschule befindet sich in Neumünster. Sie heißt Walter-Lehmkuhl-Schule. Früher konnte man für diesen Ausbildungsberuf die Berufsschule RBZ Technik in Gaarden absolvieren, aber seit drei Jahren fahren alle Auszubildende im Fach Maschinen- und Antriebstechnik nach Neumünster. Für mich ist es aber ganz entspannt. Einer von den sechs Auszubildenden, die dieses Jahr bei Gosch und Schlüter angefangen haben, hat ein Auto und wir fahren alle zusammen hin. Ich habe ich vor, meinen Führerschein im nächsten Jahr zu machen.

A: Macht Dich diese Ausbildung glücklich?

M: Tatsächlich ja. Ich bin echt froh, dass ich bei Gosch und Schlüter gelandet bin und ich bin froh, diesen Beruf gewählt zu haben. Es macht echt Spaß, was wir da machen. Man muss viele handwerkliche Sachen erledigen und dabei viel nachdenken. Diese Kombination war unter anderem der Grund, warum ich mit der Ausbildung angefangen habe.

A: Was gefällt Dir am meisten in Deinem Beruf? 

M: Am meisten gefällt mir, dass wir jeden Tag etwas Neues machen. Jeden Tag taucht ein neues Problem auf, das ich lösen muss.

A: Was hast Du vorher in Afghanistan gemacht?

M: Ich bin zur Schule gegangen. Wir hatten unseren eigenen landwirtschaftlichen Betrieb. Ich musste nicht arbeiten, sondern nur in die Schule gehen.

A: Wie viele Jahre bist Du zur Schule gegangen?

M: Bis zur 10. Klasse, aber ich habe es hier nicht anerkennen lassen. In Deutschland habe ich meinen Hauptschulabschluss gemacht. Danach habe ich mich bei Gosch und Schlüter beworben. Ich habe zu dem Zeitpunkt aber noch keine Zusage von ihnen bekommen, da es allgemein schon überall zu spät für die Bewerbung war. Als Nächstes habe ich die erste Stufe des Realschulabschlusses geschafft und mit der zweiten Stufe angefangen, als ich von Gosch und Schlüter eine Einladung zum Praktikum erhalten habe. Ich musste sowieso ein Praktikum für die Schule absolvieren und die Einladung von Herrn Schlüter kam für mich zu einem sehr günstigen Zeitpunkt. Zunächst habe ich bei Gosch und Schlüter zwei Wochen Praktikum gemacht und dann gleich nach dem Praktikum mit der Ausbildung angefangen.

A: Welche Aufgaben musst Du jeden Tag erledigen? In welchem Bereich liegen diese Aufgaben?

M: Wir haben viele unterschiedliche Aufgaben. Der Schwerpunkt liegt auf den Antrieb und Motor, aber wir haben auch mit Tor und Türtechnik zu tun, z.B. Montage, Demontage und Reparatur. Ich bin immer mit einem Gesellen unterwegs, stelle immer Fragen, wenn etwas mir unklar ist, und frage, ob ich diese oder jene Aufgabe erledigen darf. Wenn er sagt, ich darf es machen, freue ich mich und mache das. Wenn irgendetwas kaputt ist, mache ich es auf und versuche es zu reparieren. In der Werkstatt haben wir viele Motoren. Die schrauben wir dann auf, erforschen das Innere der Motoren und stellen Fragen. In den höheren Lehrjahren dürfen wir natürlich viel mehr Verantwortung übernehmen.

A: Was lernst Du in der Berufsschule?

M: Bisher hatten wir gefühlt nur Mathe. Wir haben sechs Lehrer und es geht fast die ganze Zeit nur um Mathe. Selbstverständlich lernen wir auch die technischen Grundlagen, Formelumstellung, Englisch und WiPo (Wirtschaft und Politik). In WiPo lernen wir auch alles über Arbeitsschutz.

A: Erzähl bitte ein bisschen über die Rahmenbedingungen Deiner Ausbildung: die Kolleg_innen, die Atmosphäre…

M: Insgesamt haben wir 200 Kolleg_innen, davon 20 Auszubildende. 6 Auszubildende haben dieses Jahr angefangen. Vor Kurzem haben wir mit der Firma an einem Drachenbootturnier, das von der Sparkasse veranstaltet wurde, teilgenommen. Wir haben zur Vorbereitung viel Training gemacht. Der Chef war auch beim Turnier dabei. Wir haben zusammen gegessen und getrunken. Es war toll, die Kolleg_innen schon nach zwei Wochen meiner Ausbildung kennenzulernen.

A: Wie sieht es mit dem Gehalt aus? Reicht es Dir?

M: Ich bekomme 600 Euro und mir reicht es. Ich brauche keine Unterstützung vom Jobcenter und das ist echt gut. Vor meiner Ausbildung habe ich einen BAB (Berufsausbildungsbeihilfe) Antrag gestellt, aber er wurde leider abgelehnt. Als Begründung stand in dem Schreiben, dass man alleine wohnen muss, um diese Art von Hilfe zu bekommen. Ich wohne bei meinen Eltern. Deswegen kommt für mich diese Hilfe nicht in Frage.

A: Wie hast Du das Bewerbungsverfahren gemeistert?

M: Ich habe mich erst überall beworben. Ich habe mit meinem Fußballtrainer gesprochen und habe ihm erzählt, dass ich auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz bin. Durch ihn habe ich Gosch und Schlüter kennengelernt und habe mich dort beworben.

A: Wer hat Dich auf dem Weg zur Ausbildung unterstützt?

M: Ich habe überall nach Hilfe gesucht. Ihr von KAUSA habt mir auch geholfen. Von Euch habe ich eine umfassende Berufsorientierung bekommen und eine Liste der Firmen, bei denen ich mich noch um Restplätze bewerben konnte. Das habe ich dann auch tatsächlich gemacht, aber leider hat nichts geklappt, da es zu dem Zeitpunkt schon zu spät für die Bewerbung war.

A: Und sonst, wo hast Du nach Unterstützung gesucht?

M: Ich war z.B. auch bei ZBBS und bei vielen anderen Organisationen und Projekten. Ich möchte mich auch bei meinen deutschen Freund_innen bedanken, die mir tatkräftig zur Seite standen, sei es bei der Bewerbung oder bei der Suche nach Ausbildungsplätzen.

A: Gab es ein Vorstellungsgespräch vor dem Anfang Deiner Ausbildung?

M: Nach dem zweiwöchigen Praktikum bei Gosch und Schlüter hat mein Meister mir gesagt, ich soll mal zum Chef gehen. Das war der letzte Tag meines Praktikums. Der Chef hat mir gesagt, dass ich ihnen gefallen habe und ich die Ausbildung dort machen kann. Dieses persönliche Gespräch war also mein Vorstellungsgespräch für die Ausbildung. Was noch erwähnenswert ist: vor dem Praktikum bei Gosch und Schlüter habe ich bei der Firma Stratz schon einen Ausbildungsvertrag unterschrieben. Die Firma Stratz macht alles rund um das Thema Küche und Küchentechnik. Mein Ausbildungsplatz dort wäre der Platz eines Fachlageristen gewesen. Ich wollte aber nach dem Praktikum bei Gosch und Schlüter unbedingt die Ausbildung zum Elektroniker machen. Die Kündigung bei Stratz hat problemlos geklappt und ich konnte mit meiner neuen Ausbildung anfangen.

A: Gab es schon besondere Herausforderungen oder Schwierigkeiten in Deiner Ausbildung?

M: Ich habe gehört, die Schule soll tatsächlich schwer sein. Bisher läuft alles, aber ich weiß, die schwierigen Sachen kommen noch. Ich bin allerdings schon darauf vorbereitet. Vor Kurzem habe ich Nachhilfe für mich gefunden. Es ist ein guter Freund von mir, der bereit wäre, mir zu helfen. Er hat Maschinenbau studiert und kennt sich gut mit den Themen aus.

A: War es besonders schwierig für Dich als Afghanen mit der sogenannten mittleren Bleibeperspektive den Ausbildungsvertrag zu bekommen?

M: Es hat gut geklappt mit der Ausländerbehörde. Ich habe auch gedacht, dass es schwierig werden würde. Allerdings klappt es nicht bei allen so gut wie bei mir. Ich habe einen Freund, der schon einen Ausbildungsplatz inkl. Vertrag hatte, aber er hat eine Ablehnung von der Ausländerbehörde bekommen und konnte die Ausbildung letzten Endes nicht machen. Es ist echt ärgerlich. Das war eine Ausbildung zum Maler. Er hatte den Vertrag, die Zustimmung des Firmenchefs und dann sagt die Ausländerbehörde nein. Die Begründung ist mir nicht bekannt, aber es ist ein großes Pech.

A: Was kannst Du Geflüchteten empfehlen, die sich dazu entscheiden, eine Ausbildung zu machen?

M: Das Wichtigste: viele Kontakte aufbauen. Das hat bei mir tatsächlich sehr gut geholfen. Wir sind zwar Flüchtlinge, aber wir müssen bereit sein, Schwierigkeiten anzunehmen und Probleme zu lösen. Wir sollten nicht immer auf die Hilfe vom Jobcenter angewiesen sein. Wir müssen uns selbst motivieren und unseren eigenen Weg hier finden und das geht nur über gute Vorbereitung. Vor allem sollte man, finde ich, keine Angst haben auch schwierige Sachen anzupacken.

A: Mobin, vielen Dank für das Interview. Wir haben uns sehr gefreut, dass Du Deine Erfahrungen mit uns und unseren Leser_innen geteilt hast.


Interview mit Mobin am 15.11.2018

A: Alina Berezovska, Interviewerin, Mitarbeiterin der KAUSA Servicestelle Kiel
M: Mobin Bayat, Geflüchteter, Auszubildender zum Elektroniker für Maschinen- und Antriebstechnik

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